Namibia ist wahrlich einzigartig in seiner Vielfalt. Während der Kolonialzeit wurde es von unterschiedlichen Kulturen beeinflusst; nun tritt es aus dem Schatten der Apartheid, die 1990 aufgehoben wurde, heraus. Daraus ist ein echtes Gefühl der Einigkeit in der Vielfalt entstanden – mindestens 11 große ethnische Gruppen haben sich zusammengeschlossen, um ihr kulturelles Erbe zu zelebrieren, während sie an einer gemeinsamen Zukunft arbeiten. Sie erkennen diese Vielfalt in der Kleidung, Sprache, Kunst, Musik, Sport, Küche und in den Religionen des Landes. So ergibt sich eine wunderbare Collage – getragen vom Stolz aller, Namibier zu sein.
Die Basters
Man nimmt an, dass diese Volksgruppe bereits 1652, im Jahr der Ankunft Jan van Riebeecks am Kap in Südafrika, entstanden ist. Ihre Eltern waren die frühen Holländer und andere europäische Männer, die sich mit den heimischen Khoisan-Frauen mischten bzw. sie heirateten. Einige mischten sich auch mit den frühen Cape Malays, die von den Holländern aus Ostindien zum Kap gebracht wurden.
Die Rehoboth Basters sind eine Untergruppe. Der Begriff „Baster“ ist die bevorzugte Bezeichnung, die auch mit Stolz von der Baster-Gemeinde verwendet wird. Sie haben die Sprache und die Kultur ihrer
Vorfahren übernommen, so auch die Ausübung des christlichen Glaubens. Die frühen Missionare erkannten ihren starken christlichen Glauben und sympathisierten mit ihnen, was ihrem Streben nach Ruhe und
Sicherheit zuträglich war.
Heutzutage sind die Basters patriotische Menschen, die ihr kulturelles Erbe pflegen. Sie arbeiten als Künstler, Händler und Bauern.
Die Caprivianer
Die Mehrheit der Menschen, die in Caprivi leben, hat sich entlang der Flussläufe angesiedelt, entlang der großen Straßen der Caprivi sowie im Hauptzentrum Katima Mulilo und in den Dörfern Sibinda, Sangwali, Linyanti, Chinchimane, Bukalo, Ngoma und Isize. Hier leben zwei große Volksgruppen, die Fwe im Westen und die Subia im Osten.
Neben dem Jagen und Fischen, betreiben die Caprivianer Ackerbau und pflanzen Mais, Hirse, Bohnen, Süßkartoffeln, Erdnüsse, Kürbisse, Melonen und sogar Zuckerrohr an. Auch als Sammler und Hirten sind
sie tätig, mit einer strukturierten Nutzung des kommunalen Weidelands. Ihre Isolation und Abgeschiedenheit ist der Grund für die weiterhin bestehende Abhängigkeit von dieser traditionellen
Subsistenzwirtschaft.
Aufgrund ihrer historischen, sozialen Interaktion mit Sambia, Simbabwe und Botswana, hat die Mehrzahl der Caprivianer gelernt Englisch zu sprechen. Zudem haben einige Männer zeitweise in den Minen
rund um Johannesburg gearbeitet und dort Fanagalo gelernt. Dies ist die einzige Region in Namibia, in der etwas Afrikaans gesprochen wird.
Die Farbigen
Der Ursprung der Farbigen in Südafrika geht zurück auf die frühe Besiedlung am Kap der Guten Hoffnung, als sich viele der europäischen Männer mit den ansässigen Khoisan-Frauen mischten bzw. sie
heirateten. In diesen Tagen gab es praktisch keine Frauen
europäischer Abstammung, im heiratsfähigen Alter am Kap. Somit vermehrten sich die Männer europäischer Abstammung mit den weiblichen Nachkommen der Sklavenarbeiter aus dem Osten.
Kinder, die von Sklaven geboren wurden, wurden automatisch zum Eigentum der Sklavenhalter. So kam es, dass viele dieser Kinder mit der christlichen Religion und der Kultur ihrer „Eigentümer“ in
Berührung kamen. Die meisten farbigen Namibier haben Afrikaans als Muttersprache.
Die Rassendiskriminierung bewirkte, dass vielen dieser Menschen das Recht verwehrt wurde, frei an sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen, so dass einige das Kap verließen. Da sie geächtet wurden, entwickelten sie ihre eigene Kultur. Viele erfolgreiche Entwicklungen im Obstanbau, in der Wein-, Textil-, Bau- und Fischereibranche, gehen auf den wertvollen Beitrag der farbigen Bevölkerung zurück. Viele von ihnen können ihre Ursprünge bis ans Kap zurückverfolgen.
Die Damara
Die Damara sind eine der ältesten Volksgruppen in Namibia. Die Mehrheit der Damara lebt und arbeitet in den nordwestlichen Regionen des Landes, in den Städten, auf kommerziellen Farmen, in Minen sowie an der Küste.
Sie haben keine kulturelle Verbindung zu anderen Volksgruppen in anderen Teilen Afrikas. Man nimmt an, dass die Damara ihre ursprünglichen Wohnorte im Nordwesten Afrikas verließen, noch bevor andere Volksgruppen ihre Migration in den Westen und Süden Afrikas begannen. Sie konnten ihre Traditionen, Sprache und kulturellen Eigenheiten nicht bewahren. Es wird angenommen, dass die Damara in früheren Zeiten als Jäger und Sammler in Namibia lebten, bevor sie von den Nama und Herero dominiert wurden und für diese arbeiten mussten.
Frühe Missionare brachten den Damara bei, Feldfrüchte und Gemüse anzubauen und dort, wo es ausreichend Wasser gibt, haben sich ihre Mühen ausgezahlt. Die Entwicklung des Tourismus seit 1990 hat dazu
geführt, dass viele Damara als Tourguides sowie im Naturschutz arbeiten. Das Damaraland ist bekannt für seine Mineralien und Halbedelsteine. So haben sich viele Damara dem Abbau dieser Kostbarkeiten
zugewandt. Sie verkaufen ihre Steine entlang der Straßen, die zu ihren Siedlungen führen.
Die Herero
Man nimmt an, dass sich die Herero-Nation im 16. Jahrhundert in Richtung Süden nach Namibia bewegte. Laut ihrer oral tradierten Geschichte kamen sie aus einem Gebiet mit reichlich Wasser, Gras und Schilf. Wahrscheinlich lag diese Region westlich des Tanganyika-Sees und sie wanderten zwischen den Flüssen Kunene und Okavango nach Namibia.
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren des 19. Jahrhunderts ließen sich die Herero in Gebieten rund um Okahandja, Waterberg/Okakarara und weiter östlich Richtung Omaruru und Otjimbingwe nieder. Der Konflikt zwischen den Herero und den Nama bescherte beiden Seiten viele Probleme, brachte viele Verletzte und Viehdiebstähle mit sich. Im Jahr 1904 wurde die Herero-Bevölkerung im Zuge eines der schlimmsten Kolonialkriege Namibias stark dezimiert. Doch die Herero haben überlebt und gelten heute als versierteste Viehzüchter und erfolgreiche Unternehmer Namibias.
Die Herero sind sehr stolze Menschen, die ihre Traditionen pflegen und bewahren. Traditionell betrieben sie einen animistischen Ahnenkult, was jedoch durch die jahrelange Arbeit der christlichen Missionare in den meisten Gebieten stark eingedämmt wurde. Doch noch immer brennt das Ahnenfeuer in vielen entlegenen Dörfern, um mit den Vorfahren Kontakt aufzunehmen.
Die Himba
Die Himba, die ihre Haut charakteristisch mit rotem Ocker einreiben, scheinen wie aus einer anderen, bereits vergangenen Welt. Dies ist das Ergebnis ihrer extremen Isolation und ihrer traditionsverhafteten Lebensweise. Sie stammen ursprünglich von der Herero-Nation ab und leben in den Bergregionen des Kunene. Aufgrund von langen Dürreperioden mussten sie das Land verlassen, in dem sie wilde Früchte sammelten und sich von Wurzeln ernährten. Schließlich wurden sie Opfer der räuberischen Nama, dies sich bei Sesfontein niedergelassen hatten. Die Nama plünderten fast den gesamten Viehbestand der Himba, die als Konsequenz über die Grenze nach Angola flohen. Nach einigen Jahren kehrten sie wieder zurück, als sie erfuhren, dass der Krieg zwischen den deutschen Truppen und der Herero-Nation beendet war. Sie gingen wieder in die Kunene Region, wo sie heute immer noch leben.
Viele Himba der jüngeren Generation haben sich an die Veränderungen angepasst und eine Ausbildung durch den namibischen Staat erhalten. Sie werden wohl im Lauf der Zeit ihre alten Bräuche und Traditionen hinter sich lassen. Allerdings hält die ältere Generation stark an ihren Traditionen fest. Sie setzen sich nachdrücklich dafür ein, dass sich die Kinder, wenn sie von der Schule oder aus der Stadt nach Hause zurück kommen, traditionell kleiden und wie wirkliche Himba leben.
Im Rahmen unterschiedlicher Touren kann man die Himba besuchen. Gäste sollten jedoch behutsam und mit Respekt vor der traditionellen Lebensweise der Himba auf diese besonderen Menschen zugehen.
Die Kavango
Diese große Nation der „Flussmenschen“ wurde schon oft als freundlichste Nation in ganz Afrika bezeichnet. Die Kavango setzen sich aus fünf verschiedenen Stammesgruppen zusammen. Fast alle leben entlang des Kavango-Flusses von Katwitwe im Westen bis nach Bagani im Osten.
Die Kavango betreiben auf dem schmalen, fruchtbaren Streifen entlang der Ufer des Kavango-Flusses Landwirtschaft. Der Fluss liefert ihnen zudem Fisch als Nahrung. Die Männer übernehmen die Vorbereitung des Ackerlandes, während die Frauen für die Aussaat und das Pflanzen verantwortlich sind. Die Ernte ist schließlich wieder Aufgabe der Männer. Die Kavango-Männer sind als versierte Schnitzer bekannt und ihre Arbeiten werden in ganz Namibia verkauft. Sie bearbeiten das Dolfwood, ein Holz, das im Sandfeld der Kalahari wächst. Daraus schnitzen sie zeremonielle Trommeln, andere Musikinstrumente und Haushaltsartikel. Zu den gängigen Artikeln gehören Ornamente, Topfpflanzenständer, Wanddekorationen, Masken, Küchenutensilien, Tische und Stühle sowie Einbäume. Die Frauen flechten Körbe und fertigen Tontöpfe und Ornamente, die sie stolz an Besucher verkaufen.
In dieser Region wurden zahlreiche landwirtschaftliche Projekte initiiert, um die Arbeitssituation zu verbessern. Dies beinhaltet u. a. den Anbau von Zuckerrohr, Forstplantagen und Weinbau.
Die Nama
Die Nama sind die einzigen echten Nachkommen der KhoiKhoi. Sie waren einst Hirtennomaden, die Rinderzucht betrieben. Heutzutage gibt es 13 Nama-Stämme. Zum Großteil bewirtschaften sie kommunalen Landbesitz. Sie besitzen eine reiche Tradition an Poesie, Musik und Tanz, für die sie in der ganzen Kalahari bekannt sind. Unzählige Sprichwörter, Rätsel und Gedichte werden mündlich von Generation zu Generation weitergegeben – darunter Liebeslieder und Heldensagen, bis hin zu Liedern über die Tiere und Pflanzen der Umgebung.
Viele Nama-Frauen sind sehr talentierte Künstlerinnen. Ihre Stickereien und Applikationsarbeiten sind als Kunstform anerkannt und zeigen alltägliche Szenen sowie Naturabbildungen in leuchtenden
Farben.
Die Nama leben in ganz Namibia: in Sesfontein in Kaokoland, im tiefen Süden in Orten wie Warmbad oder um Mariental, Tses, Gibeon, Maltahöhe und Helmeringhausen, sowie im Osten von Lüderitz, in der
südwestlichsten Ecke des Landes.
Die Owambo
Die Owambo-Nation besteht aus insgesamt 8 Stämmen. Sie leben vor allem im Norden des Landes. Die Owambo repräsentieren fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung Namibias und sind in allen Wirtschaftssektoren aktiv, von der Landwirtschaft, über das Fischereigewerbe bis hin zum Handel. Ihr Grundnahrungsmittel ist Mahango, eine Art Hirse, die sie dem Mais vorziehen. Mahango wird auch zum Bierbrauen verwendet. Darüber hinaus werden Mais, Sorghum, Bohnen, Melonen und Zwiebeln angebaut.
Wenn das Flutwasser aus Angola die tief gelegenen Regionen überflutet, wir die Fischerei zu einem wichtigen Wirtschaftssektor; wenn das Wasser wieder zurückgeht, grast das Vieh auf dem üppigen Weideland. Dann erfolgt die Bewässerung der Gärten in den höher gelegenen Regionen zwischen den Feuchtgebieten. Die meisten Familien sind auf irgendeine Weise im Einzelhandel tätig. Diese unternehmerischen Aktivitäten wurden durch die Geschäftsinfrastruktur der Europäer in der Gegend angeregt und so haben sich in den letzten Jahren viele Großhandels- und Einzelhandelsunternehmen entwickelt. Der Handel reicht bis in andere Teile Namibias und sogar bis nach Angola hinein.
Die soziale und kulturelle Entwicklung, die in den letzten 30 Jahren stattgefunden hat, hat den traditionellen Lebensstil der Owambo stark verändert. Viele der typischen Heimstätten mussten Platz
machen für moderne Vorstädte und Dörfer. Die alten Hütten wurden durch Steinhäuser und Wellblechkonstruktionen ersetzt. Ackerbau und Viehzucht haben sich in die ländlichen Gebiete zurückgezogen.
Einige traditionelle Dörfer gibt es jedoch noch. Sie weisen die traditionellen Sozialstrukturen auf: Familienverbände leben in so genannten „Homesteads“, die mit hölzernen Pfahlzäunen umgeben sind.
Ihr Aufbau erleichtert die Ausübung der strengen, sozialen Bräuche und effizienten Alltagshandlungen.
Die San
Die San, eine kleine ethnische Gruppe, von denen es etwa 40.000 gibt, sind allgemein unter dem Begriff „Buschmänner“ bekannt. Der größte Teil gehört zu den !Kung, die in Kavango, im Nordosten und im Südosten Namibias, im Gobabis-Distrikt, leben.
Die Buschmänner leben von der Suche nach Wurzeln, Samen, Nüssen und anderen essbaren Pflanzen, weniger von der Jagd. Sie kommen längere Zeit ohne Fleisch aus, benötigen jedoch die Früchte des
Buschlands auch als Flüssigkeitsquelle. Die Buschmänner sind die einzige Gruppe in Namibia, die traditionell keine feste Heimatregion hat. Seit vielleicht tausenden von Jahren folgen sie den
Wanderrouten der Tiere, die sie jagen. Die Jagd ist jedoch durch landwirtschaftliche Erschließungen heutzutage stark eingeschränkt.
Die Einrichtung der Wildschutzgebiete grenzte die San zunehmend ein, so dass sie gezwungen waren, sich Arbeit auf den Farmen zu suchen. Hier konnten sie ihr Geschick im Umgang mit der Natur und der Spurensuche einsetzen. Leider nimmt die Zahl der San immer weiter ab und wenn es nicht gelingt, ein Heimatland für sie zu finden, dann werden die ältesten Bewohner Namibias nach und nach aussterben.
Die kleinste Volksgruppe in Namibia sind die Tswana, die mit den Tswana in Botswana verwandt sind. Die namibischen Tswana bestehen aus drei Untergruppen, von denen die größte die Tlharo sind, die zweitgrößte die Tlhaping und die drittgrößte die Kgalagadi, die sich teilweise mit den Buschleuten der Kalahari gemischt haben. Die meisten namibischen Tswana leben und arbeiten als Viehzüchter im Gobabis-Distrikt in der Nähe der botswanischen Grenze; eine Gegend, die lokal als Herero-Land bekannt ist.
Die Weißen
Der erste Europäer, der sich permanent in Namibia niederließ, war vermutlich Guilliam Visagie. Er siedelte mit seiner Frau an einem Ort namens Modderfontein, dem heutigen Keetmanshoop.
Eine Anzahl Forschungsreisender, Elfenbein- und Großwildjäger, kamen vom Kap nach Namibia und die ersten Missionare, Abraham und Christian Albrecht, erreichten Warmbad im Jahr 1806. Als immer mehr
Informationen über das Land nach Außen drangen, zog es weitere Abenteurer, Goldsucher, Händler und Forscher nach Namibia. Soldaten und Verwaltungspersonal wurden in das Land gebracht, als ein
Konflikt zwischen den Herero und den Nama ausbrach. Buren aus Südafrika, von denen einige vor dem Burenkrieg von 1899-1902 flüchteten, folgten. Am Ende der Herero-Kriege entschieden sich schließlich
viele deutsche Soldaten in Südwestafrika zu bleiben. Mit den ersten Diamantenfunden strömten immer mehr Europäer ins Land. Nach dem ersten Weltkrieg kauften neue Siedler Farmen und andere Grundstücke
– die Anzahl der europäischen Bewohner wuchs stetig.
Mit der Einführung des südafrikanischen Mandats über Südwestafrika, wurden Verwaltungspersonal, Polizisten, Eisenbahnangestellte und Unternehmer ins Land gebracht. Bergbau, Fischerei, Landwirtschaft und industrielle Aktivitäten entwickelten sich und brachten Ingenieure, Wissenschaftler, Lehrer, Architekten, Agronomen, Landvermesser, Ärzte, Krankenschwestern und viele andere Menschen europäischer Abstammung nach Namibia.